Nach der bedingungslosen Kapitulation 1945 beginnen die Besatzungsmächte Deutschland schrittweise zu entnazifizieren. Auch die Führungsspitze des DRK wird zur Rechenschaft gezogen.
In Deutschland sind während des Krieges etwa 8,5 Millionen Menschen Mitglied der NSDAP gewesen. Sie sollen nach der Kapitulation möglichst schnell ihrer Ämter enthoben, aus öffentlichen Institutionen entfernt und angemessen bestraft werden. Die Alliierten beschließen, die gesamte Kultur-, Bildungs- und Medienlandschaft umzubauen und politisch zu säubern.
Im Januar 1946 erlässt der Alliierten-Kontrollrat in Berlin eine erste Entnazifizierungsdirektive, mittels derer Funktionäre und Helfer des NS-Regimes in Hauptschuldige, Belastete, Minderbelastete, Mitläufer und Entlastete eingeteilt und entsprechend bestraft werden.
Auch die Führungsriege des DRK bestand fast ausschließlich aus Parteimitgliedern. Diese und auch die belasteten ehrenamtlich Tätigen werden ihrer Aufgaben enthoben und mittels eines sechsseitigen "Entnazifizierungsbogens" befragt. Da die Zugehörigkeit zum Roten Kreuz von den Spruchkammern aber nicht per se als belastend beurteilt wird, müssen sich viele Rotkreuzler mit ihrer Nazivergangenheit kaum auseinandersetzen. Trotzdem erkennen manche, dass sich das DRK mitschuldig gemacht hat und eine Aufarbeitung dieser Zeit angebracht ist.
In einem Referat vor der Rotkreuz-Tagung in München am 20./21. September 1947 erklärt der spätere Generalsekretär Dr. Anton Schlögel, das Rote Kreuz habe während der NS-Diktatur seinen Blick von den verfolgten Juden, den geistesschwachen Alten und den verschleppten Zwangsarbeitern abgewandt: "An dieser Schuld tragen wir alle, selbst wenn wir uns im Einzelfall dessen nicht so sehr bewusst sind, irgendwie mit. Sie ist es, die uns in besonderer Weise zum Nachdenken und damit zum Umdenken veranlassen muss." (Zitiert nach Dieter Riesenberger, Das Deutsche Rote Kreuz. Eine Geschichte 1864-1990).